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Verschiedene Studien beweisen: Ärztinnen und Ärzte wissen um die Problematik zu hoher Antibiotikaverschreibungen bei akuten Atemwegsinfekten.

Auch der Zusammenhang zwischen Antibiotika und zunehmender Resistenzentwicklung ist ihnen bekannt. Bei akuten Atemwegsinfekten sollten bei einer entsprechenden Nutzen-Schaden-Abwägung die Verschreibungsraten von Antibiotika im Schnitt 10 bis 15 Prozent nicht überschreiten. Doch selbst in eher niedrigverordnenden Ländern wie die Niederlande und Deutschland liegen diese Werte doppelt so hoch, in Südeuropa werden bei bis zu 80 Prozent Antibiotika bei akuten Atemwegsinfekten verschrieben.

Warum ist das wider besseres Wissen so? Und wie können Ärztinnen und Ärzte dazu motiviert werden, im Alltag noch bewusster mit Antibiotika umzugehen? Diese Fragen kann die Versorgungsforschung aufgrund einer Vielzahl von Studien mittlerweile beantworten.

Versorgungsforschung oder wie verbessern wir die Gesundheit in unserer Gesellschaft

Versorgungsforschung beschäftigt sich mit den wichtigen Fragen zur Gesundheit von uns allen, beispielsweise:

  • Wie erreicht unsere Gesellschaft den bestmöglichen Gesundheitszustand?
  • Welchen Nutzen (oder Schaden) bringen neue Untersuchungstechniken?
  • Welchen Nutzen (oder Schaden) bringen neue und alte Behandlungstechniken (z. B. Impfungen, Medizin oder Operationen)?
  • Stehen Untersuchungs- und Behandlungstechniken in einem wirtschaftlichen Verhältnis zum erwarteten Nutzen?
  • Gibt es ungerechtfertigte Unterschiede in der Versorgung unserer Gesellschaft?   

Weitere Informationen zum Thema liefert z. B. das Deutsche Netzwerk Versorgungsforschung.

Der Antibiotika-Teufelskreis

Ein besonders wichtiger Grund für diese Verschreibungen wider besseres Wissen sind falsche Erwartungen und Fehlannahmen in der Kommunikation zwischen Ärztinnen und Ärzten und Behandelten. Patientinnen und Patienten äußern manchmal ihre Erwartungen an eine rasche Genesung in einer Weise, die Ärztinnen und Ärzten dazu verleitet, den patientenseitigen Wunsch nach einem Antibiotikum zu überschätzen.

Gesundheitskompetenz und Forschung

Weitere Gründe sind die Freiverkäuflichkeit von Antibiotika in einigen Ländern und eine zu geringe Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung – zum Beispiel das Wissen darüber, wann und gegen welche Erreger Antibiotika wirken oder eben auch nicht.

Möglichst genaue und aktuelle Daten zum internationalen, nationalen, lokalen und individuellen Antibiotikaverbrauch sind wichtig, um zielgerichtete Interventionen inklusive Verordner-Feedback durchzuführen.

Zu den vielversprechendsten Ansätzen zählen auch die Förderung der Patientenzentrierung in der Arzt-Patienten-Kommunikation sowie Entscheidungshilfen (Decision Aids), die die gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten verbessern.

Ein globales Netzwerk, das sich für bessere Gesundheit durch bessere Informationsmöglichkeiten einsetzt, ist Cochrane.

Übrigens: Auch dieser Text und alle anderen Inhalte dieser Website sind im Rahmen eines vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Versorgungsforschungsprojektes (PDF der Ausschreibung) entstanden.

Patientenerwartungen

Hier ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung zu sehen, in der Patienten nach der Konsultation gefragt wurden, ob sie ein Antibiotikum erwartet hatten oder nicht. Das Ergebnis zeigt deutlich, dass nur eine Minderheit der Patienten die Verordnung eines Antibiotikums erwartet hatte.

Die Hälfte der Patienten bekam aber ein Antibiotikum verordnet. Die Studie zeigt, dass Hausärzte regelmäßig den Verordnungsdruck in Bezug auf ein Antibiotikum überschätzen. Die Fälle, in denen Eltern oder Patienten ein Antibiotikum erwarten, sind deutlich seltener, als Ärzte es annehmen.